Notizen |
- Die jüdische Familie Imdorf hatte in Mausbach einen Maler- und Anstreicherbetrieb und arbeitete 1924 auch am Innenanstrich der Mausbacher Kirche mit. Josef Imdorf war in Mausbach als fleißiger und zuverlässiger Handwerker bekannt.
Um 1927 betrieb er zusammen mit einer Familie Klotz in Mausbach eine Gastwirtschaft (später Windmüller).
Bereits 1936 wurde jüdischen Kindern der Besuch nichtjüdischer Schulen per Erlass verboten, und die Kinder mussten zu einer jüdischen Schule nach Aachen fahren.
Ab 1938 durften alle Geschäfte nur noch in den Händen von ,Ariern' sein, wodurch die Familie gezwungen wurde, ihren kleinen Laden in der Gressenicher Straße zu schließen.
Zeitzeugen berichten, dass Josef lmdorf als Maler sehr großzügig gewesen sei und öfter auf Kredit gearbeitet habe. Dann habe er aber irgendwann einen seiner Söhne zu den Kunden geschickt, um Geld für deren Flucht nach Palästina einzutreiben.
Die offiziellen Akten vermerken ,am 30. 7. 1941 Abmeldung nach Haaren, Hergelsmühle 3'. Faktisch wurden er und sein Sohn Helmut dort interniert. Mausbacher berichten, dass die Beiden von Hergelsmühle bei Haaren in das Lager an der Rhenaniastraße in der Nähe des Stolberger Hauptbahnhofes gebracht worden sind. Laut Bierganz wurde das Zwangsarbeiterlager in der Rhenaniastraße am 15. Juni 1942 aufgelöst wurde und 60 jüdische Insassen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Theresienstadt in Nordböhmen gebracht worden sind.
Das Haus der Familie lmdorf in der Gressenicher Straße wurde konfisziert. ln ihm wurde ein Büro der Deutschen Arbeiterfront eingerichtet.
Die Bedingungen im Lager an der Rhenaniastraße müssen von Quälerei und Hunger geprägt gewesen sein. Die Insassen waren zumindest teilweise 12 Stunden am Tag unter schrecklichen Bedingungen mit der Salzsäureproduktion beschäftigt, bekamen nur kärgste Verpflegung und wurden am Sabbat von den SS-Bewachern auf übelste Weise schikaniert.
Damalige Nachbarn berichten, dass Josef lmdorf mehrmals nachts von dem Lager Rhenaniastraße zu Fuß nach Mausbach zu Familie Heckler gekommen ist, um für sich und seinen Sohn etwas zu essen zu erbitten. Vermutlich 1942, als das Lager Rhenaniastraße aufgelöst wurde, wurden Josef und Helmut in ein Vernichtungslager gebracht und ermordet. Welches Lager, ist bis heute nicht bekannt. Es könnte das von Bierganz erwähnte Vernichtungslager Theresienstadt aber auch ein von Mausbachern vermutetes Lager bei Graudenz gewesen sein, von wo aus noch Post in Mausbach ankam.
1988 berichtete die damalige Nachbarin, Therese Schings geb. Heckler über das Schicksal der jüdischen Familie Imdorf aus Mausbach: Josef Imdorf war als guter Handwerker im Dorf bekannt. Er galt als fleißig und zuverlässig. Sogar an dem kunstvollen Innenanstrich der Mausbacher Kirche hatte er 1924 mitgearbeitet. Seine Frau Martha betrieb in ihrem Haus an der Gressenicher Straße ein kleines Kurzwarengeschäft. Die Familie mit ihren drei Söhnen Erich, Walter und Helmut war im Dorf beliebt. Es war eine Familie wie jede andere. Daß sie einen anderen Glauben hatte, das wußte man, aber das spielte keine Rolle. Die Familie blieb wohl auch deswegen von dem nationalsozialistischen Bürgermeister Lambertz unbehelligt. Doch die staatliche Gesetzgebung und Verfolgung überall sonst in Deutschland muß auch die Familie Imdorf beunruhigt haben. So ist es wohl zu erklären, daß wahrscheinlich im Herbst 1938 der damals 14jährige Sohn Walter zu Verwandten nach Palästina geschickt wurde. Und dann, möglicherweise durch die Programe der Reichskristallnacht noch mehr beunruhigt, wollte Josef Imdorf auch seinen 16jährigen Sohn Erich in Sicherheit bringen. Erich verließ Deutschland illegal und kam nach einer anderthalbjährigen Irrfahrt über den Balkan erst 1940 mit einem Schiff in Palästina an. Der jüngste Sohn, Helmut, war in Mausbach bei seinen Eltern geblieben. Ab November 1938 durften alle Geschäfte nur noch in den Händen von Ariern sein, und jüdischen Kindern wurde der Besuch nichtjüdischer Schulen verboten. Die Familie mußte wohl ihren kleinen Laden schließen und Helmut mußte nach Aachen zur jüdischen Schule fahren. Es wird erzählt, daß Martha Imdorf in dieser Zeit sehr kränklich war. Es liegt nahe anzunehmen, daß dies mit der Sorge um ihre Kinder und die Angst vor der Zukunft im Zusammenhang stand. Martha Imdorf starb 49jährig am 28. Dezember 1940. Ihr Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Aachen. Josef Imdorf und sein 14jähriger Sohn waren nun alleine. Er schlug sich weiter mit Anstreicherarbeiten durch bis er, vermutlich im Sommer 1942, mit seinem Sohn abgeholt wurde. In Berlin hatte Hitler die Endlösung der Judenfrage verkündet. In Mausbach erzählte man, Josef Imdorf sei mit seinem Sohn und seinem Umzugsgut nach Hergethsmühle bei Herzogenrath gebracht worden. Aber er war in ein Lager in der Nähe des Stolberger Bahnhofes gebracht worden. Das erfuhr sein Freund und Nachbar, Franz Heckler, wenig später. Denn Josef Imdorf konnte wenige Tage danach das Lager in Stolberg verlassen. Mitten in der Nacht klopfte er bei seinem Freund an und bat um etwas zu essen. Niemand weiß mehr, wie oft er nachts zu Fuß nach Mausbach kam. Es muß wohl drei- oder viermal gewesen sein. Dann wurden Josef Imdorf und sein Sohn Helmut nach Aachen und danach in ein Lager bei Graudenz gebracht. wo beide von Nazis ermordet worden sind.
Siehe … Nach Auschwitz verzogen” über den Leidensweg der Familie Imdorf. [2, 4, 7, 8, 9]
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