Notizen |
- Chaya Toiba wurde 1873 als eines von fünf Kinder von Hirsch und Zlata Beder geboren. Sie war die jüngste von drei Schwestern. Sie war sehr attraktiv und ein lebhaft. Sie war auch ambitiös, schlau und wußte was sie vom Leben wollte. Ihre rebellische Art zog womöglich die jungen Männer an.Freier kam zum Haus um die älteren Mädchen zu treffen, vielleicht sogar um die eine oder andere zu heiraten, aber letztendlich stellten sie der jüngsten, Chaya Toiba, nach. Aber gemäß der traditionellen Jüdischen Welt von Ost-Europa mußten zuerst die älteren Schwestern verheiratet werden. Hirsh und Zlata hatten nun ein Problem. Sie schickten Chaya Toiba zu ihrem Onkel nach Mogilev, ein weit entfernter Ort in der Ukraine. Verglichen mit Lachowicze, war Mogilev eine ziemlich große Stadt. Dort gab es mehr Juden sowie eine Anzahl von Yeshiva, Rabbischulen. Chaya Toibas Onkel fand ihr einen geeigneten Ehemann, eine Yeshiva Bochers, ein rabbinischer Student. Chaya Toiba und ihr Ehemann waren vermutlich nicht älter als 15 oder 16 Jahre alt. Er, der gläubige Junge hatte vermutlich nie ein Mädchen angesehen und sich in der Gegenwart von Frauen abgewendet. Möglicherweise kannte er sich mit dem Talmud aus, aber er wußte sicherlich nicht wie er mit seiner jungen Frau reden sollte.
Das Leben eines rabbinischen Studenten war sehr anders als das Leben einer jungen Frau. Dem Verständnis der damaligen Zeit entsprechend, wurde von ihr erwartet, daß sie ein kleines Geschäft hatte um den Lebensunterhalt zu verdienen und ihren Ehemann unterstützte um ihm die weiteren religiösen Studien zu ermöglichen. Gläubige Juden waren der Ansicht, daß es der Sinn im Leben einer Frau sein mußte den Ehemann glücklich zu machen und ihm Kinder zu schenken.
Chaya Toiba jedoch hatte andere Pläne. Sie bestand darauf, daß ihr junger Ehemann, Religionswissenschaft hin oder her, sich eine Arbeit besorgen sollte um sich selbst und sie zu versorgen. Frauen in anderen Teilen der Welt hatten die gleichen Rechte wie der Ehemann; sie konnten zur Schule gehen, eine Erziehung genießen und sogar Doktoren werden. Sie besaßen Grundbesitz und waren ebenbürtig.
Es dauerte nicht lange bis Chaya Toiba genug von ihrem studierenden Ehemann hatte, der nicht arbeiten wollte. Sie beanspruchte eine Scheidung. Gemäß dem jüdischen Recht kann der Ehemann einer Scheidung zustimmen, aber er verweigerte dies. Vielleicht war er der Ansicht, daß er ein Recht hatte von seiner Frau unterhalten zu werden. Möglicherweise konnte er aber die Scham nicht ertragen nach solch kurze Ehe geschieden zu werden. Vielleicht war aber die Mitgift auch schon verbraucht. Aber Chaya Toiba erhielt was sie wollte. Sie drohte damit zu den Behörden zu gehen und ihren Mann wegen antizarischer Haltung anzuzeigen, was möglicherweise sogar auf Wahrheit beruhte. Wir wissen nicht was zwischen Chaya Toiba und ihrem Mann geschah, aber letztendlich erhielt sie ihre Scheidung.
Sie entfernte sich von ihrem früheren Ehemann und dem Scheidungsskandal und zog nach Yekaterinoslav (später Dnipropetrovsk), der drittgrößten Stadt der Ukraine. Vielleicht zog sie dorthin um Menachem Mendel Darevsky zu treffen. Er war der Sohn einer wohlhabenden russischen Familie. Chaya Toiba könnte ihn bereits in Mogilev, wo ihre Eltern wohnten, getroffen haben. Möglicherweise hatte sie ihn auch schon in Lachowicze getroffen, denn dort wohnten Darevskys.
Menachem Mendel und Chaya Toiba verliebten sich. Ob Menachem Mendel der Scheidungsgrund war sei dahingestellt. Verliebten sie sich bereits in Mogilev, oder erst in Yekaterinoslav? Er war drei Jahre jünger al Chaya Toiba und sein Vater glaubte, daß er etwas besseres als eine älter Geschiedene verdient hätte. Menachem Mendels Vater gab keine Genehmigung zu Ehe. Sie heirateten ohne Genehmigung und brannten durch.
1930 reisten die Deckstons nach London. Aus einem Bericht des Chief Officers of Public Assistance des London County Councils vom 14 Aug 1930 geht hervor, dass die Deckston Vorbereitungen treffen würden, in Wellington (NZ) ein Waisenhaus zu errichten. Sie stellten bei der Jewish Orphanage Norwood den Antrag für die Emigration von 12 Jungen und 4 Mädchen, Jüdischer Abstammung mit Britischer Staatsangehörigkeit. In London trafen Sie Miss H. Adler J.P., die Vorsitzendes der Verwaltungskommittes des Mile End Chirldren’s Home, die diese Pläne positiv einschätzte und befürwortete. Auch der High Commissioner für Neuseeland in London stellte eine Zustimmung in Aussicht.
Befragt über Annie sagte ihre Adoptivtochter Miriam in 2012, dass Annie regelmäßig eine Zeitung mit hebräischen Schriftzeichen las und ansonsten gebrochenes Englisch sprach, welches jedoch etwas besser als Maxs Englisch war. Man kann davon ausgehen, dass Annie eine jiddische Zeitung mit hebräischen Schriftzeichen lesen konnte, denn Annie wäre wohl kaum in der Lage gewesen eine rein hebräische Zeitung zu lesen. Ein gutes” gebrochenes Englisch war die Umgangssprache der polnisch-russischen Emigranten während Deckston-Zeit. Man sprach es im lokalen Umgang und es wurde auch zwischen Eheleuten gesprochen.
In 2012 wurde der Frage nachgegangen, ob der Nachlass von Annie und Max Deckston – der in den Deckston Trust überging – private Briefe oder Papiere enthalten könnte, die weitere Auskunft über die Herkunft von Miriam geben könnten. Hierzu befragte der Richter Joe Beder die Rechtsanwaltskanzlei Rainey Collins sowie den früheren Mitarbeiter Arnold Solomon. Es konnte aber nichts gefunden werden.
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Annie Deckston war prozesssüchtig und ging keiner gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Weg. Ihre zahlreichen Erwähnung in den Gerichtsprotokollen von 1913-1945 bezeugen dies.
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1923 [1924] kehrte sie zum ersten mal aus Neuseeland (NZ) zu Besuch zu ihrer Familie nach Weissrussland zurück. Anläßlich dieser Reise wurde ein Familienfoto erstellt. [8, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16]
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